Schulprogramm Baustein 7:
Regelmäßige Evaluation als Grundlage der Schulentwicklungsarbeit
Die Schulentwicklungsarbeit mit regelmäßigen Evaluationen begann 1998. Nach einer Totalsanierung des Hauptgebäudes der IGS Wilhelmshaven in Folge eines Brandes bot sich die Gelegenheit zu einer grundsätzlichen pädagogischen Bestandsaufnahme.
Diese wurde mit dem Institut für Bildungsarbeit in Hannover – „art set“ – unter Leitung von Prof. Rainer Zech verabredet. Über einen Fragebogen zur Entwicklung von Schulqualität, der sich an die Lehrkräfte, Elternvertreter und Schülervertreter der Gesamtkonferenz richtete, wurde ein Stärken-Schwächen-Profil der pädagogischen Arbeit der Schule ermittelt. Dieses Profil wurde auf einer Tagung bearbeitet. Es wurden Arbeitskreise gebildet, die die verabredeten Entwicklungsschwerpunkte (u.a. Konsens über Leistungsanforderungen, Differenzierungsmodell, Organisation der Arbeits- und Übungsstunden, Verbindlichkeit) bearbeiten sollten. Das Fehlen einer Gruppe zur Steuerung dieses Entwicklungsprozesses machte sich negativ bemerkbar. Es gab zwar ein allgemeines Verständnis für die Inhalte der Entwicklungsarbeit, die konkrete Arbeit an den Veränderungen versickerte im anstrengenden pädagogischen Alltag.
Eine weitere Evaluationsmöglichkeit ergab sich durch die Zusammenarbeit von 17 niedersächsischen Gesamtschulen mit dem Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF) in Frankfurt. Dr. Peter Döbrich führte im Frühjahr 2000 die zuvor im Bundesland Hessen erprobte Arbeitsplatzuntersuchung (APU) des DIPF durch. Die Ergebnisse lagen im Juni 2000 vor und konnten auf einem pädagogischen Tag unter externer Moderation beraten werden. Der Vorteil der APU war, dass neben den erhobenen schulinternen Werten Vergleichswerte der niedersächsischen Gesamtschulen und der Schulen Hessens vorlagen, die in die Analyse und Interpretation der Schulwerte eingehen konnten. Im Anschluss an die Beratung der Ergebnisse bildete sich eine Steuergruppe, die die Tagungsergebnisse zu Schwerpunkten der weiteren Schulentwicklung verdichtete und der Gesamtkonferenz vorstellte. Ein Ziel war die verbesserte Bewältigung der Übergänge von den Jahrgängen 9 und 10 in die weiterführenden Schulformen beziehungsweise die Berufsausbildung. In diesem Zusammenhang wurde über eine organisatorische Veränderung in diesen Jahrgängen beraten und als ein Lösungsschritt die abschlussbezogene Differenzierung Z-A-B* in der Gesamtkonferenz im Mai 2002 beschlossen. Inzwischen wird diese Differenzierung im sechsten Jahr durchgeführt. In der Diskussion spielten auch die Ergebnisse der Selbstevaluation in Jahrgang 11, die von 1997 bis 2002 durchgeführt wurde, eine Rolle. Die Auswertung ergab eine deutliche Unzufriedenheit der Schülerinnen und Schüler mit der Vorbereitung auf die gymnasiale Oberstufe in der Sekundarstufe 1 der IGS.
Das Z–A–B–Modell wurde begleitend in den Jahrgängen 9 und 10 evaluiert. In drei aufeinanderfolgenden Jahren ergab sich jeweils eine hohe Zufriedenheit bei den Schülerinnen und Schülern, die die Z-Kurse besuchten. Im Wesentlichen zufrieden waren auch die Schülerinnen und Schüler, die unsere Schule nach Jahrgang 9 verlassen. Dagegen sind die Schülerinnen und Schüler der A-Kurse, die mit einem Realschulabschluss abgehen, überwiegend unzufrieden.
Die Veränderungen der Lernorganisation haben sich auch in den seit 2005 wieder aufgenommenen Befragungen in Jahrgang 11 ausgewirkt. Die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die sich als „gut auf die Sekundarstufe II vorbereitet“ wahrnehmen, hat sich verdoppelt. Die Kritik an der Organisation der Abschlussjahrgänge 9 und 10 ist signifikant zurückgegangen.
Die Ergebnisse dieser begleitenden Evaluation werden Anfang des Schuljahres 2008/09 in der Gesamtkonferenz vorgestellt und beraten. Anschließend wird über die endgültige Implementierung* des Modells „Abschlussbezogene Differenzierung“ entschieden werden.
Durch die Kooperation im Netzwerk „Region des Lernens“ ergab sich 2003 die Gelegenheit zu einer Evaluation zur sozialen Schulqualität. Das Institut für angewandte Familien-, Kindheits- und Jugendforschung an der Universität Potsdam (IFK) führte bei einem Drittel der Schülerschaft von Klasse 7 bis 12 eine Befragung zur sozialen Schulqualität „Unsere Schule …“ durch. Die Ergebnisse wurden durch einen Mitarbeiter des IFK im November 2003 der Gesamtkonferenz präsentiert. In fast allen Bereichen wurden überdurchschnittliche Werte erreicht, d.h. dass die IGS Wilhelmshaven über eine gute soziale Schulqualität verfügt. Die Themen unentschuldigtes Fehlen im Unterricht („Schwänzen“) und der deutlich überdurchschnittliche Alkoholkonsum der älteren Schülerinnen und Schüler in ihrer Freizeit wurden als Problembereiche identifiziert und haben dann in der Folge zu deutlichen Konferenzbeschlüssen geführt.
StEG – „Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen“
Die IGS Wilhelmshaven ist als Schule, die im Rahmen des Investitionsprogramms Zukunft, Bildung und Betreuung (IZBB) gefördert wurde, ausgewählt worden, an der „Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen“ (StEG) teilzunehmen. StEG ist ein länderübergreifendes Forschungsprogramm, das wissenschaftliche Erkenntnisse über Wirkungsweise und Arbeit von Ganztagsschulen gewinnt. In einer Längsschnitterhebung, bei der Schülerinnen und Schüler, Eltern, Lehrerinnen und Lehrer der Jahrgänge 5, 7 und 9 im Abstand von jeweils zwei Jahren befragt werden, werden Daten gewonnen, die den teilnehmenden Schulen helfen, Angebot, Organisation und Qualität im Ganztagsbereich zu optimieren. Die abschließende Befragung erfolgt im Frühjahr 2009.
Evaluationsprozesse mit SEIS® im Projekt „Erweiterte Eigenverantwortung in Schulen und Qualitätsvergleiche in Bildungsregionen und Netzwerken“
Im Juni 2005 wurde die erste SEIS®-Befragung an der IGS Wilhelmshaven durchgeführt. Die im November 2005 von der Gesamtkonferenz eingesetzte Steuergruppe mit dem Mandat zur Steuerung der Schulentwicklung nahm den SEIS®–Bericht im Dezember 2005 entgegen und wertete die Ergebnisse in enger Zusammenarbeit mit der Schulentwicklungsberaterin Frau Winter aus. Es wurden auf der Grundlage der SEIS®-Daten und der qualitativen Analystenkommentare acht Entwicklungsfelder herausgearbeitet und in die Schulöffentlichkeit transportiert. Die Entwicklungsfelder Curriculum, Leistungsanforderungen und Verbindlichkeit wurden dabei deutlich priorisiert. In der Gesamtkonferenz im Februar 2006 wurden die SEIS®-Ergebnisse ausführlich von der Steuergruppe vorgestellt. Als Schwerpunkt der Schulentwicklung wurde die Erarbeitung eines verbindlichen, kompetenzorientierten Curriculums mit fächerübergreifenden Vorhaben bestimmt. Dabei wurde deutlich, dass eine erfolgreiche Bearbeitung des gewählten Entwicklungsschwerpunktes positive Ausstrahlungseffekte auf die Entwicklungsschwerpunkte Leistungsanforderungen und Verbindlichkeit haben würde. Anschließend begann die Entwicklungsarbeit in einer Projektgruppe mit 8 nach Fächern aufgeteilten Arbeitsgruppen. Neben den Mitgliedern der Steuergruppe gehören dieser Projektgruppe 25 weitere Kolleginnen und Kollegen an. Das Projekt arbeitet nach den im Projektmanagement vorgesehenen Planungs- und Organisationsstrukturen (Netzplan, Balkenplan, Arbeitspakete mit klaren Zielvorgaben, Projektdokumentation, Reflexion der Zwischenergebnisse auf Meilensteinsitzungen etc.). Das zunächst auf Juli 2007 terminierte Projektende musste in einem Nachsteuerungsprozess auf Juli 2008 verlängert werden. Bis Juli 2007 wurde das Curriculum der Jahrgangsstufe 5/6 erarbeitet, bis Juli 2008 soll das Curriculum 7-10 fertig sein. Gleichwohl wurde mit der Umsetzung des Curriculums in den Jahrgängen 5 und 6 im Schuljahr 2007/08 begonnen. Ein Verfahren zur Evaluierung des Curriculums (Qualitätszirkel, vgl. S.13) wurde auf einer gemeinsamen Konferenz aller Fachbereiche verabschiedet.
Im Mai 2007 wurde die zweite SEIS®-Befragung durchgeführt. Die Ergebnisse wurden der Steuergruppe im Dezember 2007 übergeben und anschließend intensiv ausgewertet. In einer gemeinsamen Sitzung von Schulvorstand und Gesamtkonferenz wurden die Ergebnisse in einer visualisierten Zusammenfassung vorgestellt und Entwicklungsschwerpunkte für die Schulentwicklung der IGS Wilhelmshaven vorgeschlagen, deren Aufnahme in das Schulprogramm anschließend vereinbart wurde. Im Baustein 4/5 sind diese Entwicklungsziele beschrieben.
Grundsätzliche Überlegungen zur Qualitätssicherung des Schulentwicklungsprozesses
Auf Grund der dargestellten positiven Erfahrungen wird die IGS Wilhelmshaven den Prozess der Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung weiter mit dem Instrumentarium SEIS durchführen. Diese sehr breit angelegte Befragung aller Lehrkräfte und aller Eltern und Schülerinnen und Schüler der Jahrgänge 8 und 11 zur Schulqualität liefert eine umfangreiche und differenzierte Datenbasis zur Analyse der Qualitätsentwicklung einer Schule. Sie erlaubt auf der einen Seite einen internen Abgleich der Gruppen Lehrkräfte, Eltern, Schülerinnen und Schüler, auf der anderen Seite liefert der SEIS®-Bericht Referenzdaten zur Schulform und zu den Schulen allgemein, die an SEIS® teilnehmen. Zusätzlich erlaubt der Fortschrittsbericht, der Unterschiede in aufeinander folgenden Befragungen darstellt, einen deutlichen Blick auf die Entwicklungsdimensionen.
Aufgrund der intensiven Auswertungsarbeit der SEIS®-Daten mit der Erarbeitung von Entwicklungsschwerpunkten und deren schulinterner Bearbeitung in Projektgruppen sowie der Implementierung der erforderlichen Veränderungen ist es in großen Systemen (über 1.300 Schüler / ca. 100 Lehrkräfte) sinnvoll, SEIS® im Rhythmus von 2 Jahren durchzuführen. In den Jahren dazwischen ist die Steuergruppe in der Lage die Qualitätsentwicklung zu bilanzieren und diese Bilanz in die Schulöffentlichkeit zu transportieren.